Interview mit Frederik Braun –
Mitbegründer und Geschäftsführer des Miniatur Wunderlandes
Frederik, in ein paar Tagen wird das Miniatur Wunderland zehn Jahre alt. Hättest Du jemals mit dem Erfolg gerechnet?
Wenn Außenstehende mich beschreiben, werde ich häufig als Optimist beschrieben und natürlich habe ich häufig vorm Einschlafen davon geträumt, dass unsere verrückte Idee erfolgreich wird. Aber mit dieser Entwicklung habe ich nicht mal in meinen kühnsten Träumen gerechnet. Ich stelle mich regelmäßig an die Kasse und bin danach jedes Mal wieder baff. Die Leute kommen mittlerweile aus allen Teilen der Welt nach Hamburg, nur um uns zu besuchen. Das kann ich bis heute kaum fassen.
Kannst Du Dir erklären, wieso das Wunderland so erfolgreich wurde?
Ich glaub’, es ist eine Mischung aus Glück, Liebe zum Detail, Perfektionismus, einem großartigen Team und dem „Anderssein“. Wenn man es auf einen Satz runterbrechen sollte, kann man es vielleicht so beschreiben: Unser Erfolg ist unsere Unwirtschaftlichkeit. Klar war das Wunderland auch eine Geschäftsidee, aber vor allem ein Traum, den wir alle mit Hingabe leben. Wenn die Menschen über die Anlage gehen und auch noch im fast Unsichtbaren kleine liebevoll gestaltete Szenen entdecken, wissen sie es zu schätzen, dass wir nicht irgendeine Freizeitholding sind, sondern ein verrückter Haufen, der Spaß an der Sache hat. Dass wir davon auch noch gut leben können, ist mein größtes Glück.
Hat sich für Dich an der Arbeit etwas geändert – kommst Du noch jeden Tag mit dem gleichen Gefühl ins Büro?
Mein Arbeitsalltag hat sich natürlich geändert. Früher habe ich versucht, alles selber zu machen und bin mittlerweile glücklich, dass wir 230 Leute im Team haben, die vieles deutlich besser können als ich. Ich glaube, wenn ich jetzt in den Modellbau gehen würde und sagen würde, ich möchte ab sofort wieder selber basteln, wären Einige massiv Herzinfarkt gefährdet. Ich habe über die Jahre gelernt, dass wir ein wundervolles Team haben, das von allein mit so viel Hingabe und Freude arbeitet und baut und ein linkshändiger Chef nur aufhalten würde.
Okay, offensichtlich bist Du kein bisschen müde und steckst voller Tatendrang. Aber gab es nicht auch mal Momente, an denen Du hinschmeißen wolltest?
Die gab es häufig. Ich erinnere mich zum Beispiel an den Tag der Eröffnung zurück. Ich hatte geträumt, dass tausende Menschen vor der Tür stehen. Es kamen gerade mal 200. Da hätte ich mich am liebsten eingeschlossen und geheult. Oder die ersten Experimente mit Bergen. Die Berge sahen eher aus wie eine geschmolzene Torte, und ich dachte mir, dass bekommen wir nie hin. Aber dann hatte ich immer das Glück, dass ich Leute um mich herum hab’, die mich wieder aufgerichtet und angeschoben haben. Zuletzt konnte ich Anschieber bei meinem Zwillingsbruder sein. Ich weiß nicht, wie häufig Gerrit während des Baus des Flughafens in mein Büro kam und verzweifelt vor mir saß und alles hinschmeißen wollte. Nach sechs Jahren und 150.000 Arbeitsstunden hat er am Ende ein Meisterwerk geschaffen. Ich glaube, man braucht solche Phasen, um dann aufgerichtet durchstarten zu können.
Und andersherum, was waren Deine schönsten Momente in den letzten 10 Jahren?
Davon gab es so unendlich viele. Sicherlich waren die Eröffnungen aller Abschnitte herausragend. Fast jedes Mal verlief es nach dem gleichen Schema. Nachdem wir einen Eröffnungstermin kommuniziert hatten, fielen uns noch tausend kleine Dinge ein, die wir unbedingt noch bauen wollten. Am Ende saßen wir dann fast alle Tag und Nacht vor der Anlage und dachten, wir schaffen das nie. Und zum Tag der Eröffnung war dann doch alles fertig. Genau dieses Gefühl ist phänomenal. Eigentlich völlig fertig aber überglücklich, es dann doch geschafft zu haben. Ein anderer ganz besonderer Moment war für mich die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes für unser soziales Engagement. Als ich davon gehört habe, dachte ich, es wäre ein Scherz. Es gibt so viele Leute, die Gutes tun, wieso gerade wir. Als ich dann aber das Kreuz angesteckt bekommen habe, war ich stolz wie Oskar.
Der zehnte Geburtstag könnte auch so etwas wie ein Wendepunkt sein: Die Kindheit neigt sich dem Ende und nun kommt die wilde Pubertät. Wie wird es weiter gehen?
Eins kann ich mit Sicherheit sagen: Es wird nicht aufhören. Wir haben mittlerweile Ausbaupläne bis 2020. Als nächstes kommen Italien, Frankreich, England und Afrika. Wenn es nach mir geht und wir genügend Platz haben, bauen wir noch weit bis nach meiner Rente. An Ideen mangelt es nicht. Für mich steht aber fest – wir werden Hamburg treu bleiben. Wir hatten in den letzten Jahren Angebote von Investorengruppen aus allen Teilen der Welt, Ableger zu bauen. Bisher haben wir alles abgesagt. Es ist schön, wie es ist und sowohl Gerrit als auch ich haben keine Allmachtsphantasien und wollen die ganze Welt erobern. Wir sind einfach nur glücklich über das, was uns vergönnt ist und wollen das wahren und in kleinen Schritten ausbauen.
Quelle: Miniatur-Wunderland, Hamburg
Fotos: Miniatur-Wunderland, Hamburg